"Liebe lebenslänglich" hatte nicht nur alles, das es normalerweise benötigt um mich bei guter Laune zu halten, sondern noch die ein oder andere besonders schmackhafte Cocktailkirsche gratis. Bei "Polly" handelt es sich nämlich in Tat und Wahrheit um einen Paul Levine und dieser gute Herr kann es sich nach eigener Aussage auch nicht erklären, warum man ihn in Deutschland nur nach namentlicher Geschlechtsumwandlung veröffentlicht hat. Für mich ebenfalls ein Rätsel, denn dieser Roman ist eben nicht wie einer seiner unzähligen Schwestern aus weiblicher Feder und gerade das macht seinen ganz besonderen Charme aus. Der lag für mich vor allem in einer sehr gelungenen Kombination aus Witz und Bodenständigkeit. So wie Herr Levine schreibt, so ist seine Geschichte: Locker und leicht, ohne seicht zu werden. Romantisch, ohne kitschig zu sein und nicht zuletzt einfach nur (im absolut positiven Sinne) zum Lachen. Er versucht gar nicht erst, in die weibliche Domäne von Gefühl und Drama einzubrechen, sondern konzentriert sich auf seine (das behaupte ich einfach mal) männliche Stärken und spielt die in einer flotten, ungezwungenen Geschichte gekonnt aus. So kommt es, dass die weibliche Hauptperson Viktoria leider etwas blass bleibt. Bieder, rational, perfektionistisch und vor allem bald verlobt: Das sind die Eigenschaften, die sie auszeichnen und an denen sich größtenteils auch nicht viel ändert. Aber das braucht es auch gar nicht, denn sie gibt damit den idealen Gegenpart zu meinem persönlichen Highlight der Geschichte: Solomon Lord. Der männliche Hauptcharakter ist das krasse Gegenteil der braven Anwältin. Getreu seinen "Solomonschen Gesetzen" ist er das wandelnde Chaos und spielt für den Sieg im Gericht wie im Leben auch gerne (oder eigentlich sogar am liebsten) mit gezinkten Karten. Wenn er sich nicht gerade um seinen Neffen Bobby kümmert, dann reizt er Victoria gerne zur Weißglut und manchmal auch noch ganz anderen Dingen . Und ohne zu übertreiben: Das nenne ich einen Humorpart, der seinesgleichen sucht! Seine typisch (und vielleicht auch etwas klischeehaft) männliche Sichtweise zusammen mit einem oft bissigen und ironischen Humor haben mich auch gerne mitten in der Totenstille der Universitätsbibliothek laut auflachen lassen. Man nehme noch einige schrullige, sehr liebevoll gestaltete Nebencharaktere dazu und schon hat man die meiner Meinung nach absolut perfekte Besetzung für eine Anwaltsgeschichte wie diese. Die Handlung bietet nämlich weit mehr, als nur Romantik. Sie ist auch Krimi, Gerichtsthriller und Familiengeschichte mit einer gehörigen Portion Humor. Zu viel auf einmal? Keineswegs. Paul Levine will hier in keinem Bereich das Rad neu erfinden und keine Meilensteine setzen. So wirkte die ganze Geschichte auf mich sehr ungezwungen und war einfach stimmig. Der Autor will nicht zu viel, sondern tut einfach das, was er kann und das ist eine Menge. Vor allem aus Solomons Sicht bekommt der Leser beste Unterhaltung geboten und stolpert zusammen mit ihm von einer Katastrophe in die nächste. Es wird jedoch meiner Meinung nach nie übertrieben lächerlich. Vielmehr steckt hinter der oberflächlichen Schale des Macho-Anwalts ein weicher Kern mit vielen Werten und Prinzipien, für die er sich einsetzt. Und das hebt den Roman genauso von 0815-Lektüre zum schnellen Lachen und noch schnelleren Vergessen ab, wie seine anderen unheimlich sympathischen, wenn auch nie ganz ernst zu nehmenden Charaktere. Fazit Den zweiten Teil der Reihe hatte ich nur verschwommen in einer kleinen, undankbaren Ecke meines Langzeitgedächtnis gespeichert. Diesen hier werde ich so schnell sicher nicht vergessen! Ihr mögt lockerere, leichte und dabei trotzdem herrlich bissige Unterhaltung? Ihr genießt gerne eine gelungene Kombination aus Komödie, Mini-Krimi und Liebesgeschichte? Dann bitte lesen!
2022-11-14 14:11