Vallejuelo, Dominican Republic
Den zweiten Band um Abenteuer-Archäologe Will Knox habe ich vor einigen Jahren geschenkt bekommen und "Die Jagd am Nil" hatte ich als gute Unterhaltung im Stil von Indiana Jones in Erinnerung. Aber mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob mein Urteilsvermögen da nicht doch unter einer Überdosis Schokolade gelitten hat. Denn dieses Buch und witzige Action-Archäologie haben ungefähr so viel gemeinsam, wie Wasserläufer und Seekuh. Lesen lassen hat sich das Ganze eigentlich recht angenehm. Wenn Will Adams dem Leser nicht gerade ganz genau beschreibt, welche Ausgrabungsstädte aus wie vielen Staubkörnern besteht, dann schreibt er flüssig und kurzweilig, wenn auch ohne viel Tiefgang. Aber viel mehr Positives habe ich dann leider auch nicht anzumerken. Weder Handlung noch Charaktere konnten mich überzeugen. Man nehme einfallslose Protagonisten, gebe eine nicht zu knapp bemessene Menge Klischee hinzu und rühre einmal kräftig um. Vom König der Abenteurer über die hilfslose Wissenschaftlerin bis hin zu selten unfähigen Schurken war eigentlich alles vorhanden, das es für nicht ganz ernst zu nehmende, aber gute Unterhaltung für Zwischendurch gebraucht hätte. Nur ließ die Umsetzung für mich stark zu wünschen übrig. Die Charaktere scheinen einem "Back dir deine Romanfigur"-Set entnommen zu sein und bleiben absolut stereotyp. Individueller Zuckerguss oder liebevoll platzierte Schokostreusel? Fehlanzeige. Bestes Beispiel sind die weiblichen Hauptcharaktere. Ich weiß nicht, wie viel (oder wenig) Will Adams von Frauen hält, aber was die hier unter "echten Männer" (für Kenner: Stichwort "Augustin", will man da lachen oder weinen? ) verstehen, ist nahezu ohne Worte. Ich habe nichts gegen einen Hauch von Chauvi in Action-Thrillern, aber das hier? WTF?! Und die Handlung macht da leider auch nichts wett. Die Story ist zwar nicht schlecht, aber dem findigen Lesefisch genügt der Klapptext, um ziemlich exakt vorhersagen zu können, was passieren wird. Da war sogar mein letzter Jugendthriller in Sachen Knalleffekten beeindruckender. Wenn nicht gerade Meister Zufall Daniel Knox aus der "Eigentlich habe ich keine Ahnung"-Misere rettet, dann passiert einfach nichts. Daniel schläft, Daniel kocht Kaffee, Daniel verliert seinen Laptop. Die restlichen Charaktere wühlen sich durch Staub und Dreck (dessen genaue Beschaffenheit dem Autor ein besonderes Anliegen zu sein scheint) oder klagen über den nicht vorhandenen Sinn des Lebens. Dabei lenken zu viele Nebenhandlungen und -schauplätze, die man lange nur bedingt zuordnen kann, leider vom Kern der Geschichte ab. Auch die diversen Ausflüge in Alexanders Geschichte haben mir persönlich zwar gefallen, weil mich das Thema interessiert. Aber für einen Thriller, der das Buch ja gerne gewesen wäre, sind sie einfach nicht gut genug in die Handlung integriert und nehmen dem Ganzen auch den letzten Rest an Geschwindigkeit. Lange Rede, kurzer Sinn: langweilig. Fazit: Die Geschichte sollte wohl außergewöhnlich sein, war für mich aber wegen platter Charaktere und einer Überdosis Zufall nur an den Haaren herbeigezogen. Für jeden ansatzweise anspruchsvollen Thriller-Fan eine alternative Einschlafhilfe, mehr aber auch nicht.
2022-11-14 13:47